Teil 07

Januar 1980 / Nacht: Die Band ist unterwegs auf der A7 Richtung Süden. Zwischen Marshall-Verstärkern und Schlagzeugkisten hat man im geliehenen Transporter der RAMBLERS zwei alte Matratzen ausgelegt und es sich mit einigen Wolldecken, Bier, Chips und Rauchwaren gemütlich gemacht. Man redet wenig, selbst der eloquente HORN wirkt ungewohnt einsilbig. Gedankenverloren starren Kleinkrieg und Havaii in die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos.

Das Ziel der Reise ist das "Tonstudio Hiltpoltstein" im tiefsten Franken, für die ruhrgebietsgeprägten BREITEN eher ein Land voller Kuhhirten und dunkler folkloristischer Rituale. Dort soll auf Vermittlung und unter Mitwirkung von Masuch, der unter seinem RAMBLERS-Pseudonym "Christian Schneider" nun auch als Produzent fungiert, die Recording-Session für die erste Single stattfinden. Zwei Titel inkl. Mischung stehen ab dem Morgen auf dem Programm, anschliessend wird es zurück nach Hagen gehen.

"Hartwig wollte "Hart wie Marmelade", das ihm in der Demoversion gut gefallen hatte und als B-Seite "1,36", einen Song von Horst-Werner Wiegand mit einem Text, der gewissermassen in der Welt der Zwerge spielt", sagt Havaii heute. "Auch die Plattenfirma hatte sich auf "Marmelade" festgelegt, eingängig war das Ding ja. Den Text hatte ich schon vor längerem mal als Persiflage auf Popstarkultur und –dekadenz geschrieben, war mir aber gar nicht so sicher damit. Ich denke, wir hatten damals auch andere Nummern, die es hätten werden können..."

Es wird aber "Hart wie Marmelade", allerdings nicht ohne dass der "harmlose Text" (Havaii) noch einer Zensur von Seiten der Plattenfirma unterzogen wurde. Die Zeile "Und dann zieh ich weisses Pulver, bis die Nasenflügel qualmen" solle ersetzt werden, hiess es aus Hamburg, "das ist mit METRONOME nicht zu machen."

Havaii: "Dass wir uns damals darauf eingelassen haben, zeugt doch von einer gewissen Unsicherheit. Aber was sollten wir machen? Wir waren mittendrin, das erste Mal in einem richtigen Aufnahmestudio – sollten wir das alles abbrechen? Es war das erste, aber auch das einzige Mal, das wir uns solcher Zensur gebeugt haben. Ich nahm also eine zweite Version mit der total dämlichen Zeile "Und dann groov‘ ich durch den Urwald, bis die Tennissöckchen qualmen" auf und die kam dann auch auf die Single.

Als wir ein halbes Jahr später das Album zusammenstellten, nahmen wir die Originalversion von "Marmelade" drauf und den Vorschlag von METRONOME, das Wort "Ficken" aus "Annemarie" zu streichen, weil wir uns so "selbst aus dem Radio katapultieren" würden, haben wir nur noch mit Gelächter quittiert. Jedenfalls sind wir mit so etwas von Seiten einer Plattenfirma nie wieder kujoniert worden."



zurück weiter