Teil 26

Jörg A. Hoppes Strategie, die Band unter allen Umständen bundesweit zu präsentieren, führt unsere Helden finanziell und performancemässig durch ein Stahlbad.
Für ein paar Hunderter spielt man buchstäblich überall, wo es mehrere Steckdosen gibt – in Jugendzentren, Diskos, kleineren Clubs oder Kneipen, ob vor einer Handvoll Gästen oder auch schon vor ein paar Hundert – je nachdem wie weit der Ruf von "Ihre Grössten Erfolge" schon vorgedrungen ist. Live ähnelt das Jahr 1981 für die BREITEN einem sich zunächst langsam vom östlichen Ruhrgebiet aus ausbreitenden Schwelbrand, der sich dann nach Veröffentlichung von "Welch ein Land – was für Männer" im Herbst des Jahres zu einem flächendeckenden Großfeuer entwickelt.

In Stefans mausgrauem Rekord 1900, der nach seinem Oheim väterlicherseits "Onkel Erich" genannt wird (eben jener fuhr stets dieses Modell), kreuzt die Band durch die Republik. Die Schleuder, die inzwischen Kleinkriegs Granada abgelöst hat, macht es aber nur ein halbes Jahr und wird schliesslich irgendwo im Berliner Wedding aufgegeben.

"Wir verabschiedeten uns mit einem Kleinen Zapfenstreich. Obwohl er nur kurze Zeit durchhielt, hatte man sich an Erich gewöhnt." (Kleinkrieg)




Ein Auto namens Erich...


An den dreckverspritzten Rücklichtern "Onkel Erichs" klebt der gemietete LKW, in dem das Equipment transportiert wird. Im Cockpit quetscht sich der andere Teil der EB- Travel-Party:
Robert Schwarz, der den Live-Sound mischt, ein bedächtiger und eher wortkarger Typ; der bärenstarke, manchmal etwas aufbrausende Uli Klose, der die schwarzen "Holzgebirge" der 45 / 60-Lautsprecher herum astet und die Backline aufbaut und oft auch Joana Latalla, eine bildhübsche und blutjunge Tochter HAGENTOWNs.
Joana ist nach einer kurzen Liaison mit PUBLIC in der Nähe der Band geblieben und für den Verkauf der Fanartikel zuständig, die im Wesentlichen aus T-Shirts, Aufklebern und Buttons besteht. Mit ihrer sonnigen Art und ihrer flockigen Sexualmoral sorgt sie stets für gute Laune.

Der Vierte an Bord des Transporters ist Norbert "Laumann" Thiel, der mit anpackt und ansonsten für’s Geschäftliche zuständig ist. Qualifiziert für diese Aufgabe ist er nicht nur durch die typischen Tugenden eines westfälischen Stenzes ("Immer gerade!"), sondern auch durch die Tatsache, dass ihm seit seiner Zeit als "Trouble Shooter" und Geldbote des Hagener Unterweltfürsten "Mede" Medenbach nichts Menschliches mehr fremd ist.

Noch fliesst jede Mark, die man über das Notwendigste erübrigen kann, in den eigenen Apparat, der von Hoppe immer unter Dampf gehalten wird. Die Tourkalkulation ist äusserst knapp und abgesehen von der Suche nach preiswerten Mahlzeiten (die gerne an Imbiss-Ständen oder DDR-Rastäusern eingenommen werden) sorgt die Frage, ob der Sprit bis zum nächsten Etappenziel reichen wird, stets für neue Spannung.
Übernachtet wird meist in Doppelzimmern in "Garni-Hotels", eine Bezeichnung, die für kleine, eingeschweißte Frühstückszutaten steht, aber auch für einen manchmal ganz wunderbaren Gestaltungswillen:

"In einem dieser Dinger hatte ich zwei Bettlampen, die aus den Flaschen von so einer Turnschuhwhiskymarke gemacht waren, so schön mit nem Schirm drauf. Da fühlte ich mich gleich wohl." (Kleinkrieg)

Hin und wieder aber bieten die lokalen Veranstalter auch "Übernachtungsmöglichkeit im Hause".

So ist es auch an jenem sonnigen Aprilnachmittag, als man eine Location in der Nähe von Frankfurt ansteuert, die von Hoppe als "rustikal" beschrieben worden ist. Auf buchstäblich dem letzten Tropfen Sprit rollt der Konvoi der BREITEN vor einem Landgasthof aus.
Der kommende Abend und die darauf folgende Nacht werden unserer Reisegruppe in steter Erinnerung bleiben...



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