Teil 44

"INTERZONE waren ein lustiges und äußerst schräges Völkchen. Auch ihre Musik sollte uns im Laufe der Tour näher kommen. Heiner Pudelko brachte den Blues, mit seiner ungewöhnlichen, seltsam hohen Stimme und seinen tiefschwarzen und illusionslosen Texten war er echt eine Erscheinung. Er verkörperte die intellektuelle Seite, während seine Jungs die Marke 'Kreuzberger Straßenköter' waren, exzellente Musiker und ziemlich wilde Gesellen." (Kai Havaii)
Die Berliner sind in Insider-Kreisen im besten Sinne des Wortes "Kult", auch wenn vielen der jugendlichen Besucher der Levi’s-Tour der rechte Sinn für die sperrig-tiefgründige Aura der Band fehlt. Pudelko formuliert es Stefan Kleinkrieg gegenüber einmal so: "Da tritt man an, um den Leuten den Blues zu bringen und dann kommt ihr, ballert ins Publikum und alles ist vergessen!"

Jedenfalls entsteht aus der gemeinsamen Reise eine angenehme Bekanntschaft, die sich während der Berliner Aufnahmesession von 1984 auch in einer partiellen musikalischen Zusammenarbeit niederschlagen wird. Die riskante, leicht morbide Ausstrahlung, die INTERZONE heute noch hat, wird verstärkt durch den Umstand, dass drei Mitglieder der Band eines frühen, zum Teil unnatürlichen Todes sterben. Nach Bassist Kurt Herkenberg (1983) und Gitarrist Leo Lehr (1988) stirbt Anfang 1995 auch der charismatische Heiner Pudelko.



INTERZONE 1982. V.l.n.r.: "Trotter" Schmidt, Bibi Schulz, Heiner Pudelko, Hans Wallbaum, Leo Lehr


PRIMA KLIMA wiederum sind ein Pop-Trio, das mit Sequencern und ironischen Gute-Laune-Texten arbeitet. Sänger Bruno Ferrari verfügt zwar über ein markantes Organ, ist ansonsten aber eher ein schüchterner, zurückhaltender Typ.

"Sehr gespannt waren wir auf SPLIFF, weil sie mit der NINA HAGEN BAND bereits Musikgeschichte geschrieben hatten. Die erste Nina-Hagen-LP war in unserer WG viel gehört worden und wir hatten sie und die Band 1979 in der ausverkauften Westfalenhalle gesehen." (Kai Havaii)
Als man sich bei den Proben das erste Mal begegnet, ist das Eis schnell gebrochen. Die SPLIFFER sind Fans von EXTRABREITs "Polizisten"-Hit und so kommt sofort eine rege Kommunikation zu Stande. Die BREITEN halten es für ausgemacht, dass SPLIFF den "Top Act" machen und bei den Konzerten als letzte Band auftreten, aber deren Bassist Manne Praeker, mit dem Kai sich gleich blendend versteht, sieht das anders: Zwar sei ihr Album "85555" sehr gut gestartet, aber schließlich seien zur Zeit gleich zwei EXTRABREIT-Scheiben in den Top 5 der LP-Charts platziert, von einer klaren "Hackordnung" könne also keine Rede sein. So einigt man sich darauf, stets abwechselnd als letzte Band zu agieren.



Autogrammkarte während der Levi’s-Tour 1982

Kurz nach Beginn der Tournee, am 25. März, erreicht "Hurra, hurra, die Schule brennt" die Top 20 der Single-Charts und bleibt dort 12 Wochen lang. Mit dieser Aufnahme, die bereits zwei Jahre alt ist, hat man einen Hit, der bestens in das Klischee der "Neuen Deutschen Welle" passt, wie nun verallgemeinernd von DAF bis FRL. MENKE alles genannt wird, was neu ist, deutsch singt und in den Charts ist – ein massenkompatibler Pop-Punk-Song und Hymne aller malträtierten Schüler.

Die strömen nun zu Tausenden zu den Konzerten der "Levi’s-Tour", um DIE BREITEN (und natürlich die anderen Bands) auf der Höhe ihrer Kunst zu sehen. EXTRABREIT sind die deutsche Band der Stunde und auch zur händereibenden Freude von MAMA CONCERTS sind alle Hallen ausverkauft, ob die Philips-Halle in Düsseldorf, die Westfalenhalle in Dortmund oder der Circus Krone in München. Beflügelt von soviel Zustimmung nähert sich die Band in der Besetzung Havaii, Kleinkrieg, Möller, Hunter und Ruhwedel ihrer Bestform: kompakt, hart, ausdrucksstark...



Kai Havaii im Cirkus Krone in München (14.4.1982)



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