Teil 53

"Desirees Musikbox" ist eine öffentlich-rechtliche "Jugendsendung", präsentiert von der noch jugendlicheren Luxemburgerin Desiree Nosbusch, die mit den BREITEN bereits am Nachmittag ein kicherig-albernes Interview auf den Wiesen hinter dem Münchener Park Hilton gedreht hat. Zur Aufzeichnung der Studiosendung erscheinen Nina Hagen, Joachim Witt, Markus und einige andere, die BREITEN geben "Hurra, hurra" zum Besten, das immer noch gut in den Charts platziert ist.

Nach einem lauschigen Sommerabend auf den Hilton-Terassen begibt man sich am nächsten Tag um die Mittagszeit in den Nobelvorort Neuperlach, wo Dr. Axel Meyer-Woelden die BREITEN in seinem holzgetäfelten, mit schweren Teppichen und gravitätischen Ölgemälden ausgestatteten Büro empfängt. Havaii, der als Letzter und 5 Minuten nach der Zeit eintrifft, erntet eine missbilligende Bemerkung des Rechtsanwalts, der für die anstehenden Vertragsverhandlungen mit EXTRABREITs Plattenfirma engagiert worden ist. Dann erhebt sich der Anwalt von seinem antiken englischen Schreibtischstuhl und sagt ein paar einleitende Worte:

"Meine Herren, Sie werden nun viel Geld verdienen. Sie werden sehr viel Geld verdienen. Was Sie damit tun, ist Ihre Sache. Ich warne Sie nur eindringlich davor, mit diesem neuen Reichtum zu prassen, sich von ihm zu sehr blenden zu lassen oder ihn demonstrativ zur Schau zu stellen. Vergessen Sie nie, woher Sie kommen und entfremden Sie sich nicht von Ihren Fans."

Die BREITEN sind noch ganz gebannt von dieser beeindruckenden Ouvertüre, als eine elegant gekleidete, dunkelhäutige Schönheit den Raum betritt, die der Anwalt als seine Gattin vorstellt. Frau Dr. Meyer-Woelden schwebt über den Perser, serviert lächelnd Kaffee und zieht sich wieder zurück. Nun wendet man sich den Details der Verhandlungen mit METRONOME zu. Meyer-Woelden hat sich bereits in Diensten von Peter Maffay als absolut gnadenlos erwiesen, eine Eigenschaft, die ihn im Zusammenhang mit dem METRONOME-Deal als gerade richtig erscheinen lässt – so JAHs Kalkül. Natürlich gibt es auch andere Interessenten, aber eigentlich will man die Pferde ja gar nicht wechseln. Jetzt hat man aber ganz andere Karten. Die Company hat an den ersten beiden Alben auch durch die naturgemäß geringe Beteiligung der Künstler exzellent verdient, das möchte man jetzt auch und so legt man die Dinge vertrauensvoll in die Hände des messerscharfen Doktors.


Axel Meyer-Woelden (1941 – 1997)

Heraus kommt dabei ein Bandübernahme-Vertrag über drei Alben mit hohem Lizenzanteil und einem garantierten Lizenzvorschuss von 1,5 Millionen DM. Das bedeutet, dass EXTRABREIT frei über diese Summe verfügen kann und als Gegenleistung drei Studio-Alben im Jahresrhythmus liefert, beginnend mit dem dritten EB-Album im Herbst 1982. Zusätzlich vereinbart man einen jährlichen Zuschuss für das Büro, ein Budget für VideoClips ein fest umrissenes Promo-Budget und verschiedene andere Kleinigkeiten. Dieser Deal gilt sofort im deutschen Musikgeschäft als ziemlich einzigartig und es ranken sich bis heute einige Legenden darum. In Wahrheit handelt es sich um eine der damaligen Situation durchaus angemessene, professionelle Vereinbarung. So ist man mit den Diensten Meyer-Woeldens hochzufrieden und gönnt der "blonden Sichel", wie er intern genannt wird, seine erkleckliche Provision.

Kurz nach der Vertragsunterzeichnung laden die METRONOME-Bosse, denen während der Gespräche mehr als einmal der Schweiß auf die Stirn getreten ist, zur Doppel-Gold-Verleihung für "Ihre Grössten Erfolge" und "Welch ein Land – Was für Männer!" nach Hamburg ein...



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