"Als wir begannen, hatten wir kein geschlossenes musikalisches Weltbild. Klar, Punk fanden wir gut, aber wir bedienten uns auch bei klassischen Rockelementen, etwas, das die Vertreter der "reinen Lehre" mieden wie der Teufel das Weihwasser. Auch die Eingängigkeit mancher Songs stieß bei vielen Kritikern auf tiefes Mißtrauen. Aber wir waren eben nicht so ideologisch fixiert, sondern begierig, alles aufzusaugen, was uns inspirierte. Im Lauf der Zeit ergab sich daraus das EXTRABREIT-typische Spektrum, das von Pop-Hymnen wie "Flieger" oder "Marmelade" bis zu atmosphärisch-politischen Songs wie "Polizisten" oder "Der Präsident ist tot" reichte." (Kai Havaii) Ein interessanter Kommentar zu diesem Thema findet sich in unserem Archiv. Bis heute gibt es die Diskussion, welchem "Genre" man EXTRABREIT nun zurechnen soll: "Deutschrock" oder "NDW"? An dieser sehr akademischen Debatte wollen wir uns hier nicht beteiligen. Tatsache ist, daß EXTRABREIT zeitweise, nämlich 1982, als eine Art Synonym für die (industrialisierte) "Neue Deutsche Welle" galt. Von oberflächlichen Beobachtern wurde dabei gern übersehen, daß es einen himmelweiten Unterschied zwischen dem Ideenreichtum und dem Ausdrucksspektrum der BREITEN und eher konfektionierten Erscheinungen wie Markus, Frl. Menke oder UKW gab. Bereits die ersten 3 Platten von EXTRABREIT, innerhalb von 3 Jahren, 1980 bis 1982, entstanden, sind wie eine Landkarte eines musikalischen und textlichen Trips, der relativ rockig beginnt, sich dann in Richtung eines atmosphärischen New Wave wendet, um sich ein Jahr später in einer zeitgemäßen Pop-Platte par Excellence zu manifestieren. Jeder dieser Ansätze findet bei EXTRABREIT noch seine ganz eigene "deutsche" Ausprägung. Über diese Entwicklung und die sie auslösenden Faktoren werden wir noch ausführlich berichten. Im Sommer 1980 jedenfalls sind die Kontakte zu anderen "jungen Wilden" in der gerade entstehenden und hyperaktiven neuen deutschen Musikszene vielfältig: In Gevelsberg-Silschede, gleich um die Ecke, haust eine Landkommune, die ein großes Bauernhaus inklusive eines riesigen Gartens in ein Ausflugslokal für "Alternative" und Künstler aller Art verwandelt hat. Im "Grün In" begegnen Havaii und Hoppe dem dort lebenden Wolfgang Spelmans, der zu den frühen D.A.F. gehört (und später im Zusammenhang mit W.Luthes Operetten-Projekt "Anita" eine Rolle spielen wird) und auch Michael Kemner, der wenig später zu den FEHLFARBEN stößt, die ihr Debütalbum nahezu zeitgleich mit EXTRABREIT veröffentlichen werden. Auch die Humpe-Sisters Inga und Anete,die in Berlin die NEONBABIES sind, eine Art "Vorläufer"-Projekt von IDEAL, stammen aus der Gegend. Anete ist in Hagen zur Schule gegangen und hat dann, wie später NENA, eine Weile in einer Hagener Disco gekellnert. Bei einem RAMBLERS-Konzert lernt man sich näher kennen. Und auch Limburg an der Lahn haben die BREITEN auf der Karte. Dort residieren die schrägen Neutöner WIRTSCHAFTSWUNDER und DER PLAN, heute Legenden der "echten" NDW. WIRTSCHAFTSWUNDER werden wenig später bei Wolfgang Luthes Beitrag zum 2. Hagensampler "Alles aus Hagen" mitwirken. Havaii: "Die Aufbruchsatmosphäre der Zeit, die Kreativität, der Mut zur Eigeninitiative, das war überall spürbar und vermittelte durchaus das Gefühl, Teil eines Prozesses, einer Bewegung zu sein. Die wichtigste Gemeinsamkeit waren die Experimentierfreude, der Expressionismus und die deutsche Sprache all das aber auch in den unterschiedlichsten Spielarten. Bei uns gehörten auch immer etwas Show und Entertainment dazu." So will Kleinkrieg z.B. keinesfalls darauf verzichten, dem großen Pete Townshend von THE WHO einmal seine Referenz zu erweisen: Anlässlich eines größeren Auftritts bei einem Festival in der Iserlohner Eissporthalle ergibt sich die Gelegenheit...
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