Teil 04

Ein Augenzeuge aus Mönchengladbach schildert das Ereignis so: "Es war einfach ein Erlebnis. Da war diese skurril aussehende Band mit ihrem geschminkten, diabolisch wirkenden Sänger, die uns in schneller Folge ihre Songs um die Ohren haute. Das ganze hatte etwas so Selbstverständliches und gleichzeitig so Unerhörtes, das man das Gefühl hatte, dass hier nun auch in unserer Gegend eine neue Zeit begann..."

Der nächste Event lässt nicht lange auf sich warten: Unter dem Motto "EXTRABREIT in die 80er" lädt die Band für den Silvesterabend 1979/80 in das "Haus Waldfrieden" in Hagen. Dabei sind auch "Hans-A-Plast" aus Hannover, eine Punkband, die mit Liedern wie "Gummiknüppel" und "Lederhosentyp" bereits bundesweit Aufsehen erregt hat.



Dies war der Flyer für eine Silvesterparty der besonderen Art...

Obwohl beide Bands (wie auch die "Quietschboys Revival Band" aus Bochum) ihre Sets über die Bühne bringen, endet der Abend im Chaos. Die anwesenden Punks beginnen schon vor Mitternacht mit dem (zugegebenermassen ungeniessbaren) Tsatsiki zu werfen und ihren Urin an den Hosenbeinen anderer Gäste abzuschlagen. Nach Mitternacht verlegen sich dann einige auf das Zerstechen der Reifen der vor der Tür geparkten Autos. Das führt natürlich zu vorgerückter Stunde zu Transportproblemen und gewissen Unmutsäusserungen der PKW-Inhaber. Obwohl man sich den Ausgang des Abends durchaus anders vorgestellt hat, nehmen die BREITEN das Ganze mit Humor. Kleinkriegs damaliger Kommentar: "So sind sie halt, die Kinder..."

Der Begeisterung für die neue deutsche Musik im Allgemeinen und EXTRABREIT im Speziellen tut die Sache jedenfalls keinen Abbruch, im Gegenteil. Inzwischen ist man in den etablierteren Kreisen der Hagener Musikszene auf die Band aufmerksam geworden.
Frank Becking, Gitarrist der "Ramblers", einer Hagener Rockband, die bereits einige Platten veröffentlicht hat und bundesweit tourt, bekommt ein Demotape in die Hände, das er dem "Ramblers"-Sänger Hartwig Masuch (alias "Christian Schneider") vorspielt.
Masuch (heute Geschäftsführer der BMG/UFA-Musikverlage) ist ein geschäftstüchtiger Typ, der mit seinem Partner Uli Wiehagen nicht nur die Musikzeitung "Musiker/music news" herausgibt, sondern auch einen Musikverlag betreibt. Ausserdem hat er gute Kontakte zur Plattenindustrie. Masuch erkennt das Potential, das in EXTRABREIT steckt, sofort und er handelt schnell: Er bietet der Band einen Verlagsvertrag an, gekoppelt mit dem Versprechen, baldmöglichst einen Plattendeal zu besorgen...
Die Band berät sich. Soll man oder soll man nicht? Natürlich will man eine Platte machen, zögert aber, sich zu früh zu binden. Es gibt ja auch inzwischen deutsche Independent-Labels, wie zum Beispiel "No Fun Records", das der spätere "Stern"-Journalist und Buchautor Hollow Skai betreibt und auf dem z.B. "Hans-A-Plast" veröffentlichen. Nach einigen Diskussionen entschliesst man sich, Masuchs Angebot anzunehmen. Als der tatsächlich wenig später mit einem Single-Deal (mit anschliessender Album-Option) für das neue Metronome-Label "Reflektor" herausrückt, sind die Weichen gestellt...



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