Teil 14

"140 Mark? Und die willst du kaputt hauen?" Horn kann es nicht fassen. Soeben hat Stefan im EB-Büro in der Augustastrasse eine neu erworbene E-Gitarre vorgeführt, die er mit der Axt, die er aus dem Hobbykeller seines Vaters entnommen hat, auf der Bühne der Iserlohner Eissporthalle zerkleinern will.
Hoppe ist begeistert. Er wird den
Vorgang auf Video filmen. Das Ergebnis seiner Bemühungen kann hier als kurze Filmsequenz herunter geladen werden.

Auftritt und Gitarrenschlachtung werden ein voller Erfolg. Die Vorfreude auf den Gig ist Horn und Kai auf dem Foto, das kurz vor dem Auftritt geschossen wurde, deutlich anzusehen.



140 DM sind 1980 für die Band viel Geld, aber gerade an diesem Beispiel kann man sehen, daß das Gebot einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit kleinliche Vorbehalte in den Hintergrund treten läßt. So bleibt man schließlich im Gespräch.

Die Aufnahmesession für EXTRABREITs Debütalbum steht nun unmittelbar bevor. Carlo, der zunächst in der B 56 untergekommen war, hat sich inzwischen bei der Ex-Freundin von Rainer Kitzmann, des Gitarristen der STRIPES einquartiert, taucht aber weiter regelmäßig in Havaiis und Hoppes WG auf.
An einem sonnigen Nachmittag hocken Havaii, Kleinkrieg und Karges im Erker des großen Wohnzimmers, um die für das Album vorgesehenen Nummern durchzusprechen. Nebenbei lauscht man einer Hans-Albers-Platte, die Stefan mitgebracht hat. Die Figur Albers‘ fasziniert ihn schon lange. Die Grandezza, mit der der nuschelnde Cognactrinker sich allen Vereinnahmungsversuchen, gerade auch der Nazis, entzogen hat, sein Startalent und natürlich seine Rollen und Songs sind das Gesprächsthema. Nach "Jawoll, meine Herrn" und der Ballade vom trinkfesten "Käpt’n Bai Bai aus Shanghai", der auf dem Meeresgrund mit "seinem Gott ringt", ertönt das "Fliegerlied" aus dem Abenteuerfilm "F.P. 1 antwortet nicht". In dieser UFA-Produktion von 1931 spielt Albers in seiner typischen Art einen draufgängerischen Piloten, der bei der Erprobung einer künstlichen Tankinsel mitten im Atlantik in manche Bredouille gerät.

"Piloten ist nichts verboten..." Noch bevor der Song verklungen, ist treffen sich Kleinkriegs und Havaiis Blicke: "Denkst du, was ich denke?" ist in ihren Augen zu lesen. Heute wissen wir: sie dachten dasselbe und das Ergebnis war einer der größten Evergreens der deutschen Pop-Geschichte: die EXTRABREIT-Version von "Flieger, grüß mir die Sonne", die nun schon so lange zum Lieder-Kanon der Deutschen gehört, das sie den Nimbus eines Originals erreicht hat.

In der Runde, die sich nun auf den Weg zum Proben macht, ahnt man davon noch nichts. Man vereinbart, daß Carlo baldmöglichst die Akkorde des "Fliegerlieds" aufschreiben soll, um die Nummer bei nächster Gelegenheit im Proberaum zu testen.
Dazu kommt es allerdings nicht mehr. Seine Form erhält der "Flieger" erst im Studio, das die BREITEN im Juli 1980 für zwei Wochen beziehen.



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