Teil 48

So gehen unsere Helden in der Boulevard- und Teenie-Presse also als die "Bad Boys Of NDW" in das Frühjahr 1982. Der Hype um die "Neue Deutsche Welle" strebt seinem Höhepunkt zu und EXTRABREIT sitzen nicht nur auf der Spitze eines Lichtstrahls, der sich mit rasender Geschwindigkeit ausbreitet sondern – wie immer – auch zwischen allen Stühlen.

Von der klassischen Oberschüler- "Punk"-Szene um den Musikjournalisten ("Neues Deutschland") und Label-Betreiber Alfred Hilsberg wird man scharf abgelehnt: Dort gelten die BREITEN wahlweise als "provinzielle Deutschrocker", "BRAVO-Poser" oder "Kommerzschweine" und FEHLFARBENS Peter Hein empfindet es als "größte Schmach", seine Platten neben denen von EXTRABREIT im Regal zu sehen.* Hilsberg wird sich später sogar brüsten, er sei von EXTRABREIT (wie auch von TRIO) "ein Jahr lang mit Material zugeschissen worden", habe aber immer wieder abgelehnt, "weil es zu grausam war".**

*siehe hierzu auch die interessante FORUMS-Diskussion um den 15.01.2004

** in Wahrheit erhielt er, wie etwa 100 andere Personen auch, eine Kopie des ersten Demo-Tapes.

In der äußerst crediblen Musikzeitschrift SPEX geht es auch immer hoch her, wenn EXTRABREIT rezensiert wird. EB –Platten werden "in hohem Bogen aus dem Fenster" geworfen, weil sie "überflüssig" sind, die Band ist "eklig ("Annemarie du bist blond wie Bier, Annemarie, bitte fick mit mir")", aber "wenigstens clever" (!) . Nach einem neuerlichen Verriss im Jahre 1982 schaltet Kleinkrieg schnell und eine doppelseitige Anzeige mit einem raumfüllenden, grobgerasterten Porträt von sich und dem Slogan: "Ich schalte diese Anzeige, weil ich es mir leisten kann und um zu sagen, daß ich dieses Blatt scheiße finde." Das chronisch finanzschwache Magazin nimmt das formvollendete und von JAH konsequent gestaltete Inserat entzückt an.

Aus EXTRABREIT und SPEX werden natürlich nie dicke Freunde werden, lediglich in der Ära des Schreibers Freddie Röckenhaus wird den BREITEN nicht nur eine faire, sondern regelrecht positive Behandlung zu Teil: "Als ich diesen SPEX-Artikel zum ersten Mal las, habe ich mir echt die Augen gerieben." (Kai Havaii) Später wird der heutige Autor der "Süddeutschen Zeitung" auch im "ZEIT-Magazin" ein schönes Feature unterbringen.

Auf der anderen Seite des Horizonts ziehen aber noch andere Truppen auf und die BREITEN sehen sich allmählich in einen "Zwei-Fronten-Krieg" verwickelt, eine Situation, die schon des Öfteren zu unbefriedigenden Ergebnissen geführt hat.

Denn nun bemächtigt sich wirklich eine Produzenten-Szene des Trend-Vehikels "NDW", die Industrie hat endgültig Lunte gerochen und das ironisch Schlagerhafte, das bewusst Simplifizierte, das den Charme der frühen Jahre ausgemacht hat, verkommt nun zusehends zu einer humorfreien "Knutschfleck"- und "Sommersprossen"-Musik. Man setzt auf puren Klamauk und alberne Verkleidungen und das, was so hoffnungsvoll begann und so unterschiedliche, interessante Ansätze wie z.B. Witt, DAF, IDEAL oder eben EB hervorgebracht hat, droht nun ins Nervtötende und Hohle abzugleiten.

"Durch HURRA, HURRA gehörten wir nun auch zu diesen Top-Twenty-Acts, einem Song, der schon über zwei Jahre alt war, damals eine unendlich lange Zeit." (Kai Havaii)

So wenig wie man von der "Punk-Aristokratie" (Breitmeister) und der "Kunst"-Fraktion der neuen deutschen Musik akzeptiert wird, so deplatziert fühlen sich die BREITEN aber auch in der Gesellschaft der neuen "NDW"-Schlagersternchen. Droht man nun im "ideologischen Niemandsland" zu landen? Die Antwort gibt am 28. Mai 1982 ein im ZDF ausgestrahltes Konzert im Rahmen des zweitägigen TV-Festivals "Rockpop in Concert"...



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