Hier findest du die Geschichte der BREITEN als Fortsetzungsroman. Die Teile erscheinen in lockerer Folge. Wenn du das Werk von Anfang an lesen möchtest, click auf ANFANG.


Teil 62

“JAH und ich waren schon im November nach Berlin gefahren, um uns mit Conny Konzack, dem IDEAL-Manager und Chef von Albatros-Concerts zusammenzusetzen, der die Tour sozusagen ‘eingekauft‘ hatte. Uns schwante da schon was, die Vorverkäufe waren etwas schleppend und wir sahen auch an den Verkaufszahlen des “Rückkehr”-Albums, dass die Tendenz eher rückläufig war. Wir schlugen Conny also vor, die Tour zu verschieben, jedenfalls nicht jetzt in dieser Größenordnung durchzuziehen.”
(Kai Havaii)

Reinhard “Conny” Konzack ist eine allseits bekannte Figur in der jungen deutschen Kulturszene. Er hat schon seit 1978 als Betreiber des berühmten “Kant-Kinos” in Berlin-Charlottenburg nicht nur die innovativsten Filme gezeigt, sondern auch die besten neuen Bands auf die Bühne des seit 1912 existierenden Filmtheaters gebracht. Dabei hat er auch IDEAL entdeckt, deren steile Karriere er als Manager begleitet hat. Konzack ist ein geistesschneller, begeisterungs-sprühender Ur-Berliner, dessen scharfgeschnittene Gesichtszüge eher an alten preußischen Offiziersadel als an den Arbeitersohn aus Neukölln denken lassen, der er ist. Mit seinem volltönenden Bass, seinem eloquenten Charme und seiner Tatkraft vermag er mitzureißen, die Chemie zwischen ihm, JAH und der Band stimmt, wie man bereits bei einigen Begegnungen feststellen konnte.

Konzack teilt die Besorgnis der beiden Emissäre nicht. Er ist überzeugt, dass der Ticketverkauf noch anziehen wird und man selbst bei dieser aufwändigen Produktion klarkommen könne. Wie sich bald herausstellt, läuft es dann doch nicht wie erhofft, aber das wird der freundschaftlichen Verbindung aller Beteiligten, die auch in den kommenden Jahrzehnten nicht abreißen wird, keinen Abbruch tun.*
Und auch während der Abende, an denen der Tourtross in dichten Trauben die Hotelbars bevölkert, herrscht keineswegs Untergangsstimmung. Man ist sich einig, dass die Show ihr Geld wert ist. Dass sich die Zuschauerzahlen nur um 3 – 5000 bewegen und in Süddeutschland drei Shows gecancelt werden, verursacht allerdings ein sattes Minus. Man verständigt sich mit Konzack darauf, nach Abrechnung zu einer Lösung zu kommen, die beide Seiten – unabhängig vom existierenden Vertrag – mit einem, allerdings ziemlich blauen Auge davon kommen lässt.

“Es war jedenfalls nicht so, dass uns die ‘Rückkehr‘-Tour ruiniert hätte, wie damals auch erzählt wurde, ebensowenig Conny. Aber abgesehen von dem Geld, das wir verloren hatten, gab es einen Imageschaden. Unser ‘unaufhaltsamer Aufstieg‘ war gebremst, anscheinend waren hier die Grenzen erreicht. Das wurde von den Leuten, denen wir eh suspekt waren, dann gern aufgegriffen. Aber wir wussten ja auch nicht so recht, was wir mit der Situation anfangen sollten...” (Kai Havaii)

*Wir werden Conny Konzack im Verlauf der Erzählung noch einige Male begegnen. K.G.

In der Tat: Die ganz große Euphorie scheint vorüber zu sein. Im vergangenen Jahr sind EXTRABREIT live permanent präsent gewesen, hatten insgesamt drei Alben in den Top 20, etliche TV-Auftritte, BRAVO-Titel und schließlich auch noch eine Szene in Wolfgang Bülds endtrashigem NDW-Film “Gib Gas, ich will Spass” . Anscheinend rächt es sich jetzt auch, in der breiten Öffentlichkeit als Teil einer “Welle” wahrgenommen zu werden, denn es liegt in der Natur derselben, flüchtig zu sein – Wellen pflegen binnen Kurzem zu verebben und ihrer Nachfolgerin Platz zu machen. Der “NDW”-Hype hat gerade seinen Höhepunkt überschritten und für EXTRABREIT, die Band der ersten Stunde, machen sich jetzt erste Anzeichen eines Katers bemerkbar.

“Die sogenannte ‘NDW‘ war für uns Segen und Fluch zugleich. Sie brachte schnellen Erfolg, aber eben auch das Handicap, als flüchtiges ‘Trendprodukt‘ wahrgenommen zu werden. Aber das gehört zu den Fügungen des Schicksals, das hat uns eben geprägt, ob es uns passt oder nicht. Wir haben schon früh empfunden, dass dieses ‘NDW‘-Ding auch verhängnisvoll sein könnte, aber wir haben den ganzen Zirkus ja auch mitgemacht.”
(Kai Havaii)

Alles hat man dann allerdings doch nicht mitgemacht: Schon im Sommer 1982 hat die Band zum Entsetzen von METRONOME einen Auftritt in der berühmt-berüchtigten Schlager-Mitklatsch-Show “ZDF-Hitparade”, rundweg abgelehnt. Dieter Thomas Heck, der Kanonier dieses Großgeschützes der Schlagerindustrie, ist derlei nicht gewohnt und hat vor Wut geschäumt, was ihn auf ein interessantes Bonmot gebracht haben muss: “Die werden bald wieder mit Kernseife waschen!” Aber auch die Plattenfirma war “not amused”: “Seid ihr wahnsinnig? Am nächsten Tag gehen 40.000 Singles über die Theke!” Aber die BREITEN wollten nicht die Ersten der neuen Musikriege sein, die sich zwischen Tony Marshal und Rex Gildo in Hecks Ringelpiez einreihen.

“Das war zu viel Schlager und das machte uns nervös...” (Stefan Kleinkrieg”)



Blumenfreund und Seifen-Prophet: D.T. Heck


(FORTSETZUNG FOLGT)



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